
Als dieses Album heute vor 35 Jahren erschien, war ich noch gar nicht in der Schule. Das war auch nicht das erste Album, was ich von Metallica gehört habe. Aber das dieses Debüt ein legendäres Album ist, steht außer Frage.
„Kill ´Em All“ war die Ansammlung aller Ergüsse dieser Band seit der Gründung im Oktober 1981, Eine damals junge Combo, die eigentlich nur mit Metal den eigenen Helden, Misfits, Maiden, Motörhead und Diamond Head nacheifern wollten. Lars Ulrich 1993 im Rückblick:
„ ‚Kill ´Em All‘ bestand im Grunde aus den ersten zehn Songs, die wir geschrieben hatten. Wozu einen Song schreiben, wenn er nicht gut genug für die Platte ist? Am Ende klang das Ganze anders als alles, das bis dahin erschienen war. Wir haben uns nicht bemüht. Wir haben nur gemacht, was für uns natürlich war.“
In der Fachpresse wird dieses Album als Startschuss für die neue Thrash-Metal-Welle bezeichnet. Die Musik, die Rock und Metal mit Punk und deren Attitüde verbunden hat. Kurz darauf sind die Debüt-Werke von Anthrax und Slayer erschienen – zwei weitere Bands der sog. Big Four. Doch Lars Ulrich selber sagte einmal, dass die erste richtige Thrash-Scheibe für ihn „Welcome to hell“ von Venom war.
Ist man bei Metallica erst mit dem Schwarzen Album eingestiegen, konnte man sich noch für die drei vorherigen Alben erwärmen. Beim Debüt-Werk fiel es (mir auch) am schwersten. Gerade deswegen habe ich mir die letzten Tage, dass Album noch einige Male angehört. Berücksichtigt man, dass die Aufnahme zwischen 4000-12000 Dollar aufgewendet worden sind (die Angaben variieren nach Quelle), die Aufnahmen gerade mal 18 Tage gedauert haben, kein Etatmäßig Rob Rock oder Fleming Rasmussen hinter dem Mischpult saß, ist es ein geniales Album. Zudem die Unerfahrenheit der Protagonisten. James Hetfield meinte 1992 im Rückblick:
„Wir hatten keine Ahnung von dem Scheiß, wir waren unschuldig. Diese Unschuld, die man nie wieder hat, nachdem man das erste Mal im –Studio war. Ich weiß noch, dass sie uns nicht in die Regie ließen, als wir uns den Mix anhören wollten.“ Als ich das Album hörte, dachte ich ‚Mann ist das scheiß!‘.“
Einen Monat vor Beginn der Aufnahmen wurde Dave Mustaine durch Kirk Hammett ersetzt. Dave war aufgrund seiner Alkohol-Exzesse für die anderen drei Kollegen nicht mehr tragbar gewesen. Kirk wurde allerdings schon eine Woche vorher darüber informiert, dass er Dave ersetzen soll. Die Art und Weise, wie das dann geschah, sorgte dann für, dass Daves Band Megadeth und Metallica in ständiger Konkurrenz zu einander standen. Wer das Rennen dann machte, ist ja offensichtlich – dennoch sollte man nicht vergessen, dass Dave Mustaine vier Tracks zum Debüt von Metallica beigesteuert hatte. Es dauerte noch Jahrzehnte, bis Megadeth als viertes Element der Big Four, die Welt gemeinsam mit Metallica bereiste. Eine Art Aussöhnung mit Frustabbau kann man dann beim Film „Some kind of monster“ sehen.
Das Album sollte eigentlich mit dem Namen „Metal up your Ass“ erscheinen. Der seinerzeitige Coverentwurf ist auch als T-Shirt erhältlich und ist Kult. Dennoch war die Platenfirma dagegen und hatte nix auszusetzen, an dem brutalen Titel mit etwas morbiden Cover. Da erkennt man die Doppelmoral der amerikanischen Platten-Industrie Anfang der Achtziger.
Die Mischung aus messerscharfen Riffs, pfeilschnellen Akkord-Folgen im abwechselnden Mute- oder Power-Modus und dem keifenden Gesang (aus heutiger Sicht eher ungewöhnlich für James Hetfield) ein Debüt-Werk, welches zu hören gilt.
Mit einem wummernden Chaos-Sound, wir Konzerte beendet wurden, beginnt das Album und steigert sich in das famose „Hit the light“ hinein. Ein Song, welches die „rumhängerei“ und wir leben nur für Metal-Attitüde einer – gerade aus dem Teenager-Alter entwachsenen – jungen Band vorleben konnte. Das zweite Lied „The four horsemen“, hieß anders und stammte in der ursprünglichen Form von Dave Mustaine, der dann den Track als „The Mechanix“ auf Megadeth Debüts brachte. Hetfield und Ulrich verpassten dem Song einen anderen Text und einen anderen Mittelteil und formten einen Thrash-Klassiker seines Gleichens. Mit „Motorbreath“ treten dann die Jungs noch einmal auf das Gaspedal. Der Text soll auch von der Liebe zum Motorsport handeln; allerdings vermute ich hinter dem Titel eine Art Hommage an Motörhead; dies ist der einzige Song, der von Hetfield alleine geschrieben worden ist. Bei dem nächsten, mit einem der ersten Metallica-Riffs, die ich gelernt habe „Jump in the fire“ hat man noch einmal etwas ganz spezielles am Start. Ein dämonisches Thema wird hier verarbeitet; der Aufruf an den Hörer, sich an die Seite des Erzählers in die Hölle zu begeben (Dave Mustaine war hier beteiligt), Das anschließende „Anasthesia“ ist ein Bass-Solo. Ein Bass-Solo auf einem Album mwirkt eher wie in Filler – aber weit gefehlt. Dieses Solo ist kult unter allen Metal-Bassisten und hat den Status eines eigenständigen Songs erreicht. „Whiplash“ gibt dann den nächsten Metal-Feeling-Song ab. Dave Mustaine war dann auch bei „Phantom Lord“ beteiligt. Ein Song, der das Fantasy-Thema, welches allerdings bei anderen Bands, wie Rainbow Standard waren mit Thrash-Music koppelte. Eine eigenartige Mischung aber ein toller Song. „Nor Remorse“ ist dann ein ernster Song, ein Anti-Kriegssong. Wenn ein Riff für die Ewigkeit auf dem Album zu bestimmen ist, dann ist das das Intro-Riff von dem Götter Song „Seek and Destroy“ – Wahnsinn! Ob Dave Mustaine dieses Riff erfunden hat, weiß ich zwar nicht, aber er war auch an diesem Song beteiligt. Das Album schließt dann mit dem dritten Metal-Style-Song ab „Metal Militia“ – mit marschierenden Stiefeln endet dann das Album.
Insgesamt gesehen ist Kill ´Em All eine absolute Legende. Man muss sich darauf einlassen, dass hier ein junger Hetfield singt und es keine 1A-Top-Produzenten waren, die an dem Album beteiligt waren. Man muss sich darauf einlassen, dass hier blutjunge Musiker, die ihre Unerfahrenheit mit dem unbändigen Willen den Metal neu zu erfinden begegneten und das hier Enthusiasten am Werk waren, die mehr „Wollten“ als „Konnten“ – aber dafür mit Herzblut.
Viel Spaß beim Hören (inkl. Bonus-Tracks):